Wenn man als angehender Rock-Gitarrist beschliesst, während der Konzerte eine Schuluniform zu tragen, dann kann das entweder a) komplett lächerlich wirken oder b) zum Markenzeichen werden. Bei Angus Young von AC/DC war eindeutig Letzteres der Fall, wenngleich Angus wohl kaum allein wegen seiner Schuluniform so berühmt geworden wäre. Als Gitarrist, der ganz besonders filigran spielt, gilt der aus Schottland stammende Australier nicht unbedingt bei jedem Gitarrenfan, obgleich er ohne Zweifel gut ist mit dem, was er tut.
Aber vielleicht verkörpert er noch mehr die Energie, die von harter Rockmusik ausgeht, und das wie kein anderer. Er saust, flitzt, rennt über die Bühne, ist irgendwie stets in Bewegung und schleudert seine Riffs in die Menge, die sie begeistert aufnimmt. Von Chuck Berry übernahm er den Duckwalk. Bisweilen präsentiert er seine nackte Kehrseite oder liegt rücklings auf der Bühne und spielt: Das alles ist Rock im Reinformat. Sie steckt an, diese Energie, vertreibt eventuell vorhandene Müdigkeit, verführt zu wilden Zuckungen und man fühlt sich, als könne man selbst tonnenschwere Probleme abschütteln, wenn man jene Gitarre hört, die Glocken der Hölle besingt oder TNT. In den Top-100 der weltbesten Gitarristen, gekürt vom Magazin Rolling Stone, landete Angus Young immerhin auf Platz 96. Angesichts Tausender von Gitarristen auf dieser Welt ist das eine hervorragende Leistung. Sein Stil beim Gitarrenspiel lehnt sich an den Blues an, nutzt die Bluestonleiter, streut dabei Vibratos ein und gibt dem Sound von AC/DC seinen unverwechselbaren kantigen Stil. Vorbilder des Gitarristen war beispielsweise B.B King, waren nach eigener Aussage auch die Stones und… Chuck Berry. Er hat das Spiel von Angus Young entscheidend beeinflusst.
Gibson SG
Die Gibson SG ist diejenige Gitarre, die von Angus Young mit Abstand am häufigsten genutzt wird, deshalb ist es gerechtfertigt zu sagen, die Gibson SG ist DIE Gitarre von Angus Young und Angus Young könnte zugleich DER Gibson GS – Rockgitarrist sein. Erstmals kam die Modellreihe in den 60ern des 20. Jahrhunderts auf den Markt. Ihr Korpus sieht ein bisschen aus wie die Kopfform eines etwas untersetzten Teufels mit zwei Hörnern. Gefertigt werden sowohl Korpus als auch Hals überwiegend aus Mahagoni.
Ursprünglich hiess die Gitarre Les Paul SG und war als Nachfolger für die Gibson Les Paul vorgesehen. Aus Les Paul SG wurde dann jedoch einfach nur „SG“, wobei das „SG“ für Solidbody Guitar steht, also für eine Gitarre mit massivem Korpus. „Standard“, „Custom“, „Junior“ und „Special“ heissen Varianten dieser Gitarre, deren Modelle in unterschiedlichen Preissegmenten Zuhause sind. Angus Young besitzt eine Sammlung dieser Gitarren aus verschiedensten Jahrgängen.
Es gibt Menschen, die bezeichnen die Gibson SG als DIE Rock-Gitarre schlechthin. Angus Young könnte zweifelsohne zum Kreis dieser Menschen zählen. Neben ihm nutzten andere bedeutende Rockgitarristen die Gibson SG; etwa Tony Iommi bei Black Sabbath, Ritchie Sambora oder Pete Townsend. Für Angus Young wurde ein spezielles Signaturmodell der Gibson SG entwickelt, das anhand seiner Spezifikationen gebaut wurde.
Audio Beispiel: Back in Black
Kurzbiografie
Als Angus Young am 31. März 1955 geboren wurde, war er Schotte und das jüngste von insgesamt acht Kindern. Malcolm Young ist einer seiner Brüder; er ist derjenige, mit dem er bis heute den Sound von AC/DC kreiert. Es war Malcolms Gitarre, auf der der junge Angus sein erstes Gitarrenspiel ausprobierte. Ein weiteres Kind der Young-Familie ist George Young, der bei der berühmt gewordenen Band „The Easybeats“ mitspielte und AC/DC als Songwriter und Produzent verbunden ist. Bis heute sind die Youngs eine musikalische Familie, denn auch Bruder Alex Young ist Musiker: Er spielte unter anderem bei der heute eher unbekannten Band Grapefruit, die zu ihrer Zeit jedoch Support von den Beatles erhielt, weil die Musik den Pilzköpfen gefiel. Schwester Margarete hatte wie Malcolm und George Anteil an der späteren Karriere von Angus: Durch sie sollen er und seine Brüder erstmals mit den Songs von Musikern wie Chuck Berry und Little Richards in Berührung gekommen sein. Diese Art der Musik sollte den jungen Angus nie wieder loslassen.
George Young soll es gewesen sein, der Malcolm und Angus die ersten Töne auf der Gitarre beibrachte. 1963 zogen die Youngs nach Australien und sorgten dafür, dass die etwa zehn Jahre später gegründete Rockband AC/DC als australische Formation in die Musikgeschichte einging. Angus spielte bereits vor AC/DC in Bands (eine nannte sich Tantrum, eine andere ‚Kantuckee‘) und machte sich bereits damals lokal einen Namen durch sein energetisches, Chuck Berry ähnelndes Spiel. Gerüchten zufolge soll er irgendwann während eines Konzerts gestolpert sein und einfach weitergespielt haben; das Spielen in allen möglichen Positionen, das Angus Youngs Bühneauftritte auszeichnet, könnte damals auf diese Weise entstanden sein.
1973 stellte ein Schlüsseljahr für die Brüder Malcolm und Angus Young dar: Malcolm gründete eine neue Band und Angus wurde Mitglied: AC/DC war geboren. Sowohl der Bandname als auch die Idee, dass Angus in seiner Schuluniform auftritt, sollen von Schwester Margarete stammen. Manchmal haben grosse Schwestern guten Einfluss auf kleinere Brüder. Heute lebt Angus Young sowohl in Sydney als auch in Aalten (Niederlande) und ist seit nunmehr bald zwanzig Jahren mit seiner Frau Ellen verheiratet.
Bands
Eigentlich kann das Kapitel „Bands“ bei Angus Young schnell abgehandelt werden; Angus Young spielte bei AC/DC und dann noch… bei AC/DC und… bei AC/DC. Beständigkeit ist Trumpf bei Herrn Young. Warum hätte er AC/DC auch jemals verlassen sollen? Er gehört zu dieser Band, so wie diese Band zu ihm gehört. Sein älterer Bruder Malcolm bleibt als Rhythmusgitarrist stets etwas im Hintergrund, aber diese Rolle scheint ihm nichts auszumachen. Stargitarrist ist Angus. Die ursprüngliche AC/DC – Formation bestand neben den Young-Brüdern aus dem Bassisten Larry Van Kriedt, dem Drummer Colin Burgess und dem Sänger Dave Evans, der allerdings nur für ein Jahr bei AC/DC blieb. Malcom Young ersetzte ihn im September 1974 durch Bon Scott, der für viele Jahre neben Angus Young die Musik von AC/DC prägen sollte, unterstützt von Malcolms powervollen Rhythmusgitarrenspiel und dem Bass/Drum-Teppich, der ab 1975 vom Bassisten Mark Evans (später: Cliff Williams) und vom Drummer Phil Rudd kam.
AC/DC spielte lasziv mit textlichen Doppeldeutigkeiten (She’s got Balls), mischte schottische Elemente mit Rockmusik (Dudelsäcke bei: It’s a long way to the Top) und rockte dennoch so schnörkellos, dass selbst das Aufkommen des Punks der Band nicht schadete, während Bands wie Deep Purple vorübergehend Anhängerschaft verloren. „Highway to hell“ ist ein AC/DC – Song aus dem Jahr 1979, veröffentlicht auf dem gleichnamigen Album. Es ist vielleicht einer der bekanntesten AC/DC – Songs überhaupt und einer, auf dem Angus Young Riffs spielt, die bis heute angehende Rockgitarristen nachspielen. Damals war noch nicht klar, dass das Album das letzte sein sollte, für das Bon Scott die Titel live sang. Der charismatische Sänger starb 1980 im Alter von 33 Jahren, als er an seinem Erbrochenem erstickte. Die Nachricht schockte Rockfans in aller Welt. Das Ende von AC/DC bedeutete sie nicht.
Brian Johnson übernahm den Gesangspart und AC/DC läutete mit dem Album „Back in Black“ die Post-Bon-Scott-Ära ein, ohne Bon Scott jemals zu vergessen. Ingesamt etwa 42 Millionen Mal wurde „Back in Black“ verkauft; es war das erfolgreichste AC/DC – Album überhaupt und zugleich eins der meistverkauften Rockalben der Welt. Es schien, als würden die Fans ein Zeichen setzen; AC/DC darf nicht sterben, weil Bon Scott starb. AC/DC lebt und Angus Young ist nach wie vor Lead-Gitarrist. Wer dermassen unter Strom steht wie er, kann wohl gar nicht anders.
DISCOGRAFIE / ALBEN:
1976 – High Voltage
1976 – Dirty Deeds Done Dirt Cheap
1977 – Let There Be Rock
1978 – If You Want Blood – You’ve Got It
1978 – Powerage
1979 – Highway To Hell
1980 – Back In Black
1981 – For Those About To Rock We Salute You
1983 – Flick Of The Switch
1984 – ’74 Jailbreak
1985 – Fly On The Wall
1986 – Who Made Who
1988 – Blow up your Video
1990 – The Razor’s Edge
1992 – Live
1995 – Ballbreaker
1997 – Bonfire
2000 – Stiff Upper Lip
2008 – Black Ice
2014 – Rock Or Bust
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